Diese Website verwendet Cookies. Warum wir Cookies einsetzen und wie Sie diese deaktivieren können, erfahren Sie unter Datenschutz.
Zum Hauptinhalt springen
Ehrendes Gedenken: 8. Mai - Tag der Befreiung am Sowjetischen Ehrenmal auf dem Frankfurter Anger.

Frank Kreitner

Mangelnde Gedenkkultur in Frankfurt (Oder)?

Um es vorwegzunehmen, die in diesem Artikel erwähnten Veranstaltungen sind eine tolle Bereicherung für unsere Stadt und Region. Sie sollten und müssen im nächsten Jahr wieder durchgeführt werden. Bei der Organisation dieser Termine sollte man auf städtischer Seite aber unbedingt einen wichtigen Aspekt bedenken, auf den ich in den nachfolgenden Zeilen näher eingehen will.

Am 5. September fand der 2. Frankfurt-Slubice-Pride in unserer Doppelstadt statt. Der Demonstrationszug führte unter anderem auch zum oberen Brunnenplatz, wo dann einige Reden gehalten wurden. Wie jeder weiß, befindet sich dort ein Gedenkstein für die Synagoge, die 1938 an gleicher Stelle von den Nationalsozialisten niedergebrannt wurde. Zwar war es mir selbst nicht möglich, an dem Pride teilzunehmen, allerdings bin ich mit dem Auto zweimal vorbeigefahren. Dabei ist mir leider aufgefallen, dass der Gedenkstein als Sitzgelegenheit genutzt wurde. Also eine Nutzung, für die eine Gedenkstätte absolut nicht gedacht ist.

Einen Tag später fand auf dem Anger das Abschlusskonzert der Konzertreihe „Sommerklänge – Klassik im Park“ statt. Auf dem Anger befindet sich auch das Sowjetisches Ehrenmal mit Ehrenfriedhof. Der Ehrenfriedhof umfasst ca. 600 Grabplatten.
Auf Fotos in den sozialen Medien war zu sehen, dass der Ansturm zum Konzert so groß war, dass das Ehrenmal als Tribüne benutzt wurde und der Bereich der Grabplatten als Sitzgelegenheit für die mitgebrachten Stühle. Es ist zwar nicht zu sehen, ob man auf den Grabplatten saß, aber das macht es ja nicht besser.

Bei diesen Bildern frage ich mich, ob wir in Frankfurt (Oder) ein mangelnde Gedenkkultur haben. Wie kann man von städtischer Seite aus Veranstaltungen und Kundgebungen direkt auf Gedenkstätten planen und genehmigen?

Wenn ich über die Gedenkkultur in unserer Stadt nachdenke, dann fällt mir auch der unhaltbare Zustand mit den gestohlenen Stolpersteinen am Eingang zum Lenné-Park ein. Seit dem 12. Juni 2019 sind die Steine verschwunden und seitdem passiert einfach nichts, um die neubeschafften Steine wieder einzusetzen.
Am 23. Juni 2020 hat der Kreisvorstand einstimmig beschlossen (Beschluss 12 – 20) die Kosten in Höhe von 120,- Euro die für Wiedereinsetzung des Stolpersteins für Elisa Köhler zu tragen. Für diesen Stein hatte der Kreisverband sowieso die Patenschaft übernommen.

Auf Nachfrage, wann denn nun mit der Wiedereinsetzung zu rechnen sei wurde von Frank Hühner von der Initiative "Stolpersteine Frankfurt (Oder) und Slubice" dahingehend beantwortet, dass aufgrund der Corona–Pandemie, die für 2021 geplante Einsetzung auf Frühjahr 2022 verschoben sei."
Als Grund nannte man auch, dass man unbedingt die Einsetzung mit Gunter Demnig, dem Initiator des bundesweiten Stolpersteinprojektes, durchführen möchte. Da einige Genoss:innen mit dieser Entscheidung nicht einverstanden waren, baten wir darum die Wiedereinsetzung ohne Gunter Demnig durchzuführen.
Dieser Bitte wurde widersprochen, da man Gunter Demnig so lange dabeihaben möchte, solange er dazu in der Lage ist.

Ich frage, ist diese Vorgehensweise dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus würdig? Ist es richtig, dass Pat:innen und Geldgeber:innen kein Mitspracherecht bei der Wiedereinsetzung haben?

(Korrektur - 03.11.2021: In einer vorherigen Version des Artikels wurde fälschlich behauptet, Frank Hühner hätte für den Historischen Verein Frankfurt (Oder) e.V. gesprochen. Richtig ist, dass Frank Hühner nicht Mitglied des Historischen Vereins ist, keine Funktion im Verein inne hat und somit nicht für den Verein sprechen kann.)